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Schulze-Delitzsch Haus in Delitzsch

Bildurheber: Marko Braun

Der am 29. August 1808 in Delitzsch geborene Franz Hermann Schulze (bekannt als Hermann Schulze-Delitzsch) gilt als Begründer des Genossenschaftswesens in Deutschland.

Der Sohn des Bürgermeisters und Justizrates August Wilhelm Schulze studierte Jura in Leipzig und Halle. 1827 schloss Hermann Schulze-Delitzsch sich in Leipzig einer Burschenschaft an. Innerhalb dieser gehörte er dem „Vorstand“ an. Rund 10 Jahre später wurde er zum Oberlandesgerichts Assessor (Beisitzer) ernannt. Angestellt war er in dieser Funktion in Naumburg und Berlin.

Als Patrimonialrichter (Patrimonialgerichte waren die Gerichte der adligen Grundherren) wirkte er in Delitzsch von 1841 bis 1849. Hier lernte er die Sorgen der kleinen Handwerksbetriebe infolge der fortschreitenden Industrialisierung bestens kennen. Hermann Schulze-Delitzsch engagierte sich sozial sehr stark. 1848 zog er als linksliberaler Abgeordneter von Delitzsch und Bitterfeld in die Preußische Nationalversammlung ein. Während seiner Arbeit in Gremien die sich mit der Situation der Gewerbetreibenden befassten erkannte er, dass kleine Handwerker nur durch genossenschaftliche Zusammenschlüsse eine Chance hatten am Markt zu bestehen.

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Nachdem er schon 1846 an der Gründung eines Hilfskomitees zur Beschaffung von Getreide und zur Erhaltung einer Mühle mitwirkte, gründete er 1849 in Delitzsch eine Schumachergenossenschaft. So konnten die Mitglieder am Markt gemeinsam auftreten, Leder und Faden in größeren Mengen abnehmen und somit bessere Einkaufspreise erzielen.

Nach seinem Abschied vom Staatsdienst machte er seine Gedanken zu verschiedenen Genossenschaftsmodellen (Spar-, Konsum-, Kreditvereine etc.) öffentlich bekannt. Solidarhaftung, Erwerb von Anteilen, Leistungsbeschränkungen auf Mitglieder waren Eckpfeiler seiner Genossenschaften. Der große Erfolg der Genossenschaften ermöglichte Hermann Schulze-Delitzsch die Gründung eines Dachverbandes.

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Ab 1859 wurde Hermann Schulze-Delitzsch wieder politisch tätig. In verschiedenen politischen Ämtern tätig, setzte er in Preußen und im Norddeutschen Bund das Genossenschaftsgesetz durch und schuf somit für diese eine gesetzliche Grundlage und die Rechtsfähigkeit als juristische Person.

Mittlerweile in Potsdam lebend, wurde er 1871 in den Deutschen Reichstag gewählt. Ende April 1883 verstarb Hermann Schulze-Delitzsch. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Alten Friedhof in Potsdam.

Viel Wissenswertes über Hermann Schulze-Delitzsch und dessen Wirken erfährt der interessierte Besucher im Schulze-Delitzsch Haus in der Kreuzgasse 10 in Delitzsch. Hier wurde die erste deutsche Genossenschaft ins Leben gerufen.

Heute birgt die Kreuzgasse 10 nicht nur den Werdegang von Schulze-Delitzsch sondern vermittelt auch ein eindrucksvolles Bild über den Entwicklungsstand einer Buchbinderei zum Ende des 19. Jahrhunderts.