Göttinger Sieben

Bildurheber: Lithografie von Carl Rohde, gemeinfrei

1833 trat im Königreich Hannover eine Verfassung, das „Staatsgrundgesetz“, in Kraft. Daran mitgewirkt hatte der Staatsrechtler und Historiker Christoph Friedrich Dahlmann, der als Vertreter der Universität Göttingen in der Zweiten Kammer der Ständeversammlung saß. Hannover gehörte damit zur Gruppe der liberalen konstitutionellen Staaten des Deutschen Bundes. Mit dem Tod König Wilhelm IV. von Großbritannien und Hannover am 20. Juni 1837 endete die 123-jährige Personalunion zwischen beiden Staaten. In Hannover übernahm Wilhelms Bruder Ernst August I. die Regierung. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt erklärte dieser am 5. Juli 1837, dass er sich nicht an das Staatsgrundgesetz, das ohne seine Zustimmung zustande gekommen sei, gebunden fühle und eine Veränderung anstrebe. Er hob die relativ freiheitliche Verfassung, die seine Vorgänger nur vier Jahre zuvor erlassen hatten, zum 1. November wieder auf.

Bildurheber: Floriano Bodini (1933 – 2005), Axel Hindemith, gemeinfrei

Dahlmann versuchte daraufhin erneut, die gesamte Universität zur Opposition gegen diesen Staatsstreich zu bewegen, und verfasste eine Protestation. Dahlmann versuchte zunächst, den Senat der Universität zum Widerstand zu bewegen. Der Versuch scheiterte an dem Wunsch seiner 41 Kollegen, während der gleichzeitigen Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum der Georgia Augusta jeden öffentlichen Konflikt zu vermeiden. Es fanden sich nur sechs andere Professoren zur Unterschrift bereit: der Jurist Wilhelm Eduard Albrecht, der Theologe und Orientalist Georg Heinrich August Ewald, der Historiker Georg Gottfried Gervinus, die Germanisten Jacob und Wilhelm Grimm und der Physiker Wilhelm Weber.

Bildurheber: Elisabeth Jerichau-Baumann (1819–1881), gemeinfrei

Ihre eigentliche Sprengkraft entwickelte diese Schrift in dem Moment ihrer Veröffentlichung, vermutlich durch Gervinus. Hunderte von Studenten stellten innerhalb weniger Tage einige tausend Abschriften her und versandten sie in ganz Deutschland. Jetzt sah sich der König zu hartem Durchgreifen genötigt: Am 4. Dezember wurden die sieben Professoren vor dem Universitätsgericht vernommen und bereits am 14. Dezember ihrer Ämter enthoben. Dahlmann, Gervinus und Jacob Grimm mussten wegen Verbreitung der Schrift außerhalb des Königreiches binnen drei Tagen Göttingen verlassen und wurden des Landes verwiesen. Diese wurden dann 1840 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. empfangen. Den übrigen, so die Anweisung, sei nach ihrer Entlassung der Aufenthalt in Göttingen weiterhin gestattet.

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Gleichzeitig zeigte sich der große Solidarisierungseffekt in der Bevölkerung, die den drei Ausgewiesenen ihr Gehalt aus Spendengeldern zahlte. Spätestens hier wurde erkennbar, dass der Liberalismus als Massenbewegung nun nicht mehr länger durch Beschlüsse und Verordnungen unterdrückt werden konnte. In der Frankfurter Nationalversammlung 1848 hatte Jacob Grimm einen Ehrenplatz inne, Albrecht, Dahlmann und Gervinus waren Mitverfasser der gesetzgebenden Initiativen. Der Ruf der Göttinger Universität litt noch lange Zeit an der Entlassung dieser hervorragenden Lehrer.