Vom Fliederstädtchen zum Bildungsstandort

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Natürlich hat der Name Friesack absolut nichts mit der Sage zu tun, denn urkundlich wurde 1217 vrysac erstmals urkundlich erwähnt und Sprachforscher führen diesen Namen auf das slawische breza – die „Birke“ – zurück. 1327 besitzt Friesack eine Burg und wird als civitas, Stadt, bezeichnet. Vom mittelalterlichen Friesack gibt es wenige Zeugen, denn verheerende Feuersbrünste legten die Stadt vom 17. bis zum 19. Jahrhundert mehrmals in Schutt und Asche. Auch Schloss und Rathaus, Kirchen, Wohnhäuser und Scheunen. Zwei ortsansässige Ziegeleien profitierten vom Wiederaufbau. Wirtschaftlichen Aufschwung nahm Friesack durch die Meliorationen des Havelländischen und des Rhinluchs im 18. Jahrhundert und die Chaussee zwischen Hamburg und Berlin 1829. Landwirtschaft und Handwerk erblühten. Als dann mit der Industrie die Eisenbahn Städte und Dörfer erschloss, litten die Friesacker nach einer Fehlentscheidung ihrer Ratsherren. Denn die hatten den Bahnhof zwei Kilometer vom Ort entfernt genehmigt, weil man Lärm und Qualm fürchtete. So blieb Friesack lange ein typisches Ackerbürgerstädtchen, mit sieben Windmühlen und einem Markt für Vieh und handwerkliche Produkte, unter dessen Katzenkopfpflaster Zeugen längst vergangener Zeit gefunden wurden. Heute zeigt sich der Markt mit dem Rathaus herausgeputzt zu den Pumpen- und Fliederfesten. Neben der Torfgewinnung machte sich Friesack durch das Holzpantinengewerk einen Namen, der vorherrschenden Fußbekleidung auf dem Lande.

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1870 gab es hier 150 Pantinenmacher. Eine Rarität war der Brennesselanbau während und nach dem 1. Weltkrieg bei Fliederhorst, um daraus Fasern zu gewinnen. Doch die Nesselfabrik war unrentabel und auch spätere Versuche scheiterten. Den Beinamen Fliederstadt verdankt Friesack seinem 1897 gegründeten Verschönerungsverein, dessen Mitglieder Straßen und Plätze mit Flieder bepflanzten. Die Fliederblüte im Mai und der gute Ruf des 1928 anerkannten Luftkurortes ließen besonders Berliner das verträumte Städtchen entdecken. Die Sommerfrischler belebten die Wirtschaft. Es entstand die Molkerei, das Sägewerk, die Brauerei und ein Haferflockenwerk. 1939 bestimmten 14 Gastwirtschaften, 15 Lebensmittelhändler, acht Bäckereien, fünf Fleischereien und viele andere Gewerke das Bild der Stadt. Am 1. Mai 1945 zogen russische und polnische Verbände in die Stadt ein, die kaum Kriegsschäden aufwies, doch noch in der folgenden Nacht zu brennen anfing. In der DDR-Zeit dominierten Land- und Forstwirtschaft Friesacks Wirtschaft, aus mehreren LPG wurden die LPG Pflanzenproduktion und Tierproduktion.

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Eine Ingenieurschule für Landtechnik bildete von 1950 bis 1990 einen großen Teil der Agrarspezialisten des Landes aus und machte die Kleinstadt Friesack weit über die Landesgrenzen bekannt. Nun bewirtschaften Agrargenossenschaften die Flächen, bauen Futtermais für Rinderherden, Getreide und Kartoffeln an. Nach der Wende knüpfte man bewusst an Erfahrungen an, nutzte die Chance, eine Stadt der Bildung zu werden. Nicht nur mit der Kooperationsschule, in der lernschwache und lernstarke Schüler in einem Klassenverband integriert sind. Ein Teil des Oberstufenzentrums Havelland mit 2400 Schülern und 82 Lehrkräften hat auf dem Gelände der einstigen Ingenieurschule ihr Domizil und das Überbetriebliche Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft trägt ebenfalls dazu bei, dass sich Friesack jung wie nie präsentiert. Es mag dem Flair der Stadt nicht gerade zum Besten gereichen, dass zahlreiche kleine Geschäfte verwaist. Im Stadtbild bleibt noch viel zu tun und das ist nicht nur die Aufgabe der Interessengemeinschaft „Friesack soll schöner werden“. Das kulturelle und gesellschaftliche Leben der Stadt, seit 1993 Zentrum des Amtes mit fünf Gemeinden, wird von zahlreichen Vereinen geprägt. Zu Friesack gehören die Ortsteile Zootzen, das mit seinem Waldreichtum und dem Rhin Naturfreunde anzieht und Wutzetz, ein Runddorf aus der Zeit der Wenden, in dem der Pferdesport naturnah ausgeübt wird.

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